Rezensionen zu "Violeta Dinescu - The Last Ball of the Rolling Ball Clock"Fono Forum Mai 2014Ein wesentlicher Zug von Violeta Dinescus Musiksprache, das haben bisherige Portraits der Komponistin gezeigt, ist die Nähe zur Improvisation. Stets ist die Zeitgestaltung der Werke der mittlerweile 60jährigen Hochschullehrerin in Oldenburg sehr flexibel; klangliche Ereignisse von meist hoher Sinnlichkeit stellen sich in absoluter Freiheit ein. Vorliegendes Album, benannt nach dem neuesten der Stücke The Last Ball of the Rolling Ball Clock von 2013 und basierend auf einem Konzertmitschnitt von 2012, versammelt insgesamt sechs Stücke für Schlagzeug, welche sämtlich diesen Zug zur Improvisation aufweisen. Exemplarisch ist etwa das einleitende Notta di festa für Vibraphon solo, in welchem schöne Klänge und Schwebungen eine durchaus ansprechende Atmosphäre erzeugen; besonders die Gleichzeitigkeit naher und ferner Ereignisse, das Gefühl für Räumlichkeit, überzeugt unmittelbar.
Als Professorin für angewandte Komposition an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg ist Violeta Dinescu seit nahezu zwanzig Jahren eine äußerst aktive Netzwerkerin im Feld der zeitgenössischen Musik, beispiellos ist ihr Engagement im von ihr gegründeten Archiv für Osteuropäische Musik, das einen Schwerpunkt auf die Musik ihres Heimatlandes Rumänien legt. Neben ihren vermittelnden Tätigkeiten schuf sie aber auch ein umfangreiches und hochwertiges kompositorisches Werk, das neben einem deutlichen Schwergewicht auf der Instrumentalmusik auch Musiktheaterkompositionen, Ballett- und Stummfilmmusiken sowie ein Oratorium umfasst. Beim Label Gutingi erschienen bisher bereits sechs CDs mit Dinescus Kammermusik, kürzlich erschien die siebte, diesmal mit Perkussionsmusik. Die ältesten Stücke der Zusammenstellung, ein Vibrafon-Solo und ein Schlagzeug-Trio, gehen auf das Jahr 1993 zurück, das jüngste ist das titelgebende Ensemblestück The Last Ball of the Rolling Ball Clock aus dem Jahr 2012. In diesen fast zwanzig Jahren ist die Komponistin sich stets treu geblieben. Trotz des sehr unterschiedlichen Klangbilds der jeweiligen Stücke bleibt die künstlerische Identität im Kern gleich: Ihre Musik ist immer reich an Klangfarben, dabei nie formlos und unstrukturiert. Unterschiedlichste Inspirationsquellen wie mathematische Verfahren oder die folkloristische Musik ihrer Heimat finden in ihren Werken mit großer Leichtigkeit zueinander. Notte di Festa beispielsweise, in dessen handschriftlichem Notenmaterial man den expressiven und rhythmisch freien Gestus des Werks bereits sehen kann, schafft mit den Klängen des Solovibrafons eine geheimnisvoll nächtliche Atmosphäre, Shan-Shui beschwört mit seinen Trio-Klängen eine beseelte Natur. Memories, die Bearbeitung eines Streichorchesterstücks aus dem Jahr 1980, beruft sich auf rumänische Volksmusik und verknüpft diese mit der eigenen Tonsprache, das abschließende The Last Ball of the Rolling Ball Clock gerät angesichts der Betrachtung eines kunstvoll mit rollenden Kugeln arbeitenden Uhrwerks zu einer Meditation über die (musikalisch) vergehende Zeit Ergänzt im Booklet durch einen kenntnisreichen Essay von Egbert Hiller über Violeta Dinescus Musik für Schlaginstrumente und angereichert durch atmosphärische Fotos von Alexander Bold gelingt der vorliegenden Edition gerade durch die Beschränkung auf eine einzige Instrumentengruppe ein erhellender Blick auf das kompositorische Schaffen von Violeta Dinescu. Die Tonaufnahmen mit dem sehr versiert agierenden Perkussionsensemble der Universität des Westens Timisoara unter der Leitung von Doru Roman entstanden als Mitschnitte eines Konzerts im Mai 2012. Die lebendige Spannung der Live-Performance und das sehr reiche Klangbild entschädigen für kleinere technische Mängel. Das Orchester Juni 2014, Stephan Froleyks
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